Muschchen, mein Muschchen,
heute zünde ich mal wieder imaginär eine Kerze an. Irgendwie ist er merkwürdig, dieser Vorgang online. Jetzt stell ich mir gerade vor, wie ich dir das Wort „online“ erläutere. Es ist aber auch wirklich abstrakt.
Nun bist du schon weit mehr als ein Jahr nicht mehr hier. Das Leben hat sich neu geordnet. Die Tage haben einen anderen Rhythmus als vorher. Das Leben ist für mich geteilt in ein Zuvor und ein Danach. In ein Komplett und ein Alternativ. Ich weiß nicht, ob es Worte gibt, die dieses Gefühl überhaupt annähernd beschreiben können. Dein Tod, Muschchen, ist eine Zäsur für mein Leben. Für unser Leben. Und das „Danach“ ist eben nicht vollständig. Dein Fehlen ist mir jeden Tag bewusst. Der Schmerz hat an Schärfe deutlich nachgelassen, und doch gibt es Momente, an denen er sich mit Wucht zurückmeldet. Mir fehlt es sehr, mit dir zu sprechen. Zu meinem Geburtstag habe ich deine Glückwünsche auf dem AB abgehört. Du fehlst, Omi. Jeden Tag. Auch wenn ich mich neu geordnet habe, fehlst du so sehr. Was würde ich dafür geben, nur ein einziges Mal, nur ganz kurz dich anzurufen.
Ich liebe dich, mein Muschchen. Bis zum Mond und zurück. Und immer 10 Mal mehr also du mich. Da kannst du jeden fragen. Weißt du noch? Manchmal höre ich deine Worte… Letztens habe ich zu Heinz gesagt: „Du bist nicht mehr mein sein.“ Er musste lachen, und ich auch. Es ist eine schöne Erinnerung und sie tut auch weh. Denn sie ist nur noch eine Erinnerung.
Nachher besuche ich Heinz. Heute gibt es am Nachmittag eine Literatur-Veranstaltung im Pflegeheim. Ich kann dich gerade leise darüber kichern hören, dass Heinz dorthin geht. Es gibt aber auch Butterkuchen und Kaffee. ☺️ Jetzt ergibt es doch Sinn, oder? 😄 Und es ist zudem eine kleine Abwechslung zu dem Alltagstrott. Wir werden dich im Herzen mitnehmen, Muschchen. Und wie immer an dich denken.
Für immer. Dein Fellchen. ❤️
